Die Audio-Trickkiste – Teil 2 „Automatic Double Tracking (ADT)“ von Florian Rosnau

audio-trickkiste

Trägheit macht erfinderisch 

Bei der Erfindung des Artificial oder auch Automatic Double Tracking (ADT) spielte nicht der Zufall eine Rolle, sondern der Umstand, dass John Lennon etwas zu ungeduldig war, seinen Gesang zweimal einzusingen (eine in den frühen 50er Jahren entdeckte Möglichkeit, um den Gesang voller und durchsetzungsfähiger klingen zu lassen). 

Ken Townsend, Toningenieur der EMI Abbey Road Studios, erfand daraufhin im Frühjahr 1966 eine technische Möglichkeit als Alternative zur zweifachen Aufnahme. Dazu nutzte er zwei Bandmaschinen, die Gesang und dessen Doppelung abspielten. Bei einer der Bandmaschinen wurde der Motor durch einen regelbaren Oszillator gesteuert, was eine von Hand steuerbare Zeitverschiebung der gedoppelten Aufnahme ermöglichte. Der Vorteil von ADT war, dass sich die Doppelung vor und hinter die Originalaufnahme bewegen konnte und der zeitliche Abstand vollständig steuerbar war. Damit ließen sich Phasing- und Chorus-Effekte bis zu deutlich vernehmbaren Echos erzeugen. Diese Technik wird heute noch benutzt und so gibt es spezielle Plugins, wie beispielsweise das Reel ADT von Waves. Es lässt sich aber auch ganz einfach in der DAW nachbauen.

Waves Reel ADT Plugin

ADT selbst gemacht 

Dazu wird zuerst die gewünschte Spur dupliziert. Auf diese Kopie wird das mitgelieferte Delay inseriert und in den Repitch-Mode versetzt, damit das Delay als Bandecho arbeitet. Möchte man ein anderes Delay-Plugin nutzen, sollte es ein Tape-Delay sein, das Tonhöhenänderungen bei Änderungen der Delayzeit erzeugt. 

Der Effektanteil wird auf 100% eingestellt, um das gesamte Signal zu bearbeiten. Damit keine Echowiederholungen erzeugt werden, stellt man den Feedback-Parameter auf 0%. Das Filter wird nicht benötigt und kann abgeschaltet werden. Zusätzlich wird das Delay in den zeitbasierten Modus geschaltet, somit kann die Verzögerung in Millisekunden geregelt werden. Dabei sollte der Link-Modus aktiviert sein. 

Mit der Delayzeit stellt man die maximale zeitliche Verzögerung zur Originalspur ein. In diesem Beispiel nehmen wir 5ms, welches ein guter Wert zum ersten Ausprobieren ist, es darf aber auch gerne experimentiert werden. 

Um authentisches ADT zu erzeugen, sollte die gedoppelte Spur um die gleiche Zeit vorgezogen werden, damit die Dopplung auch vor dem Original zu hören ist. In unserem Beispiel also ebenfalls 5ms. In Ableton Live kann man das am elegantesten mit dem Spur-Delay-Parameter erledigen.

Damit Bewegung in Spiel kommt, wird die Modulationsmöglichkeit vom Delay genutzt. Als Rate wählt man eher langsame Werte bis 1Hz, um den Effekt nicht zu künstlich klingen zu lassen. 

Der Time-Parameter bestimmt, wie stark die eingestellte Delayzeit verändert wird. Er wird auf 100% gesetzt, woraus sich eine modulierte Verzögerung von 5ms +/- 100% = 0-10ms ergibt. Durch das Spurdelay von -5ms wird unsere gedoppelte Spur also von -5ms bis +5ms gegenüber der Originalspur verzögert.

Für weitere Klangforschungen kann man das Filter hinzunehmen und/oder die Delay-Parameter verändern. 

ADT ist nicht nur auf Gesangsspuren interessant, auch andere Signale können mit dieser Technik aufgewertet werden. 

Das Klangspektrum reicht von dezentem Chorus-Effekt über Wobble-Sounds bis hin zu künstlichen Verfremdungen. 

Studio Longboard
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner